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Polly Apfelbaum - Happiness Runs: Gewebte Räume: Schwebend

Die diesjährige Herbstausstellung des Belvedere 21 ist in mehrfacher Hinsicht richtungsweisend. Mit der Wiederherstellung des Baus von Karl Schwanzer und den Teppichen und Keramiken der amerikanischen Künstlerin Polly Apfelbaum gehen Räume, Flächen und Wände eine besondere klangliche Korrespondenz ein.

Im Jahr 1958 entwarf der Architekt Karl Schwanzer den luftdurchfluteten und leicht schwebend anmutenden Pavillon. Nach seiner Aufstellung bei der Weltausstellung in Brüssel fand er 1962 seinen Platz im Schweizergarten in Wien und diente in der Folge als zeitgenössisches Ausstellungshaus – besser bekannt unter dem Namen 20er Haus.

Unter Agnes Husslein wurde das Ausstellungshaus in „21er Haus“ umbenannt und der Pavillon bekam ab 2011 architektonische Einbauten von Adolf Krischanitz um lichtempfindliche Ausstellungsobjekte besser schützen zu können.

Unter der neuen Direktorin Stella Rollig wurde – nach einer neuerlichen Umbenennung in „Belvedere 21“ – intensiv darüber nachgedacht, die Einbauten herauszunehmen und die ursprüngliche Architektur des alten Schwanzer-Pavillons erneut zur Geltung zu bringen.

Nun ist es also soweit. Der alte Schwanzer-Pavillon erstrahlt in seiner Transparenz und seine Achsen und Flächen werden durch die Teppichinstallationen der amerikanischen Künstlerin Polly Apfelbaum akzentuiert.

1955 in den USA geboren, ist Apfelbaum ein Kind der Kultur der 60er- und 70er-Jahre, etwas das sich auch in der Farbwahl ihrer Teppiche zeigt. Es sind sechs vielfärbige Teppicharrangements, die oft Songs jener Zeit im Titel tragen. So hat die Ausstellung den Titel „Happiness runs“ nach einem Song des schottischen Musikers Donovan, der 1972 in einem Live Konzert diesen Kanon mit dem Publikum gelungen zum Singen brachte. Ähnlich einem vielstimmigen Kanon sind diese Teppicharbeiten zu verstehen. Manche von ihnen sind in unterschiedlich große Bahnen geteilt. Ein thematisches Gewebe von siebzehn Teppichen ist „Deep Purple Red Shoes“ von 2015 und beschäftigt sich mit purpurnen Fußabdrücken auf Rot, Violet, Blau und Schwarz. Polly Apfelbaum spielt damit auf ein spätantikes und frühchristliches Werk an.

Während eines Italienstipendiums reiste die Künstlerin viel durch das Land. Besonders beeindruckt war Sie von den frühchristlichen Mosaiken der San Apollionare in Nuovo in Ravenna. Dabei hatten es ihr die purpurfarbigen Schuhspitzen der gottesfürchtigen Jungfrauen angetan. Sie inspirierten Sie zu diesem Teppich „Deep Purple Red Shoes.“ Auch gibt es andere frühchristliche Verweise wie der Lebensbaum in der Kirche von Otranto in Apulien. Die Beschäftigung mit dem reichen Lebensbaum floss in die Arbeit „Face(Geometry)(Naked)Eyes“ von 2016 ein, die ebenfalls im Belvedere 21 zu sehen ist.

Die Ausstellung im Belvedere 21 ist nur mit hauseigenen Söckchen oder Hausschuhen zu betreten. Das bringt dem Besucher die Kunstwerke schon erstaunlich näher und ermöglicht damit eine unmittelbare sinnlichere Erfahrung. BesucherInnen können sich aber auch auf die Teppiche setzen, überhaupt müssen sie eine eigene Haltung zu den „Auflagen und Layers“ einnehmen. Damit wird ihnen eine Anstrengung zugemutet, etwas das vereinzelt gar nicht leicht fällt.

Die Teppiche werden übrigens in Oaxaca in Mexiko gefertigt. Polly Apfelbaum beauftragt die dortige Weberei mit der Färbung der Wolle und dem Weben ihrer Entwürfe. Die Kunst der Weber ist ein starker Partner in Polly Apfelbaums Schöpfungsprozess und als sinnliche, prozesshafte Erfahrung für die BesucherInnen kann diese Ausstellung auch gesehen werden.

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Polly Apfelbaum - Happiness Runs
07.09.2018 - 13.01.2019

Belvedere 21
1030 Wien, Schweizergarten/Arsenal-Straße 1
Tel: +43 1 795 57-0
Email: info@belvedere.at
http://www.belvedere21.at
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h, Mi, Fr bis 21 h


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