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Anna Boghiguian: Chronistin der Welt

Anna Boghiguian ist mit ihren Künstlerbüchern und Installation immer wieder auf Biennalen und in Ausstellungen vertreten gewesen, wie mit „Unfinshed Symphony“ auf der documenta 13 in Kassel, 2012. Im Rupertinum ist die Arbeit „The Salt Traders“ zu sehen, die 2015 auf der Istanbul Biennale gezeigt wurde. Die Ausstellung im Rupertinum ist ihre erste große Personale in einem deutschsprachigen Museum.

Betritt man die Installation „The Salt Traders“, so bemerkt man zu aller erst das Knirschen von Salz unter den Schuhen. Der Bug eines Bootes ragt neben kleinen Salzhaufen aus dem Grund, rote Fadenspulen sind durch den Raum geworfen. An den Wänden stehen - Tableauxkästen ähnlich - Stellwände, die wie Intarsien mit Sand, Kies, Zeichnungen und Schriften in Imkerkästen gefüllt sind. Manchmal befinden sich auch noch schwarze Wabenstücke in den Kästen. Man glaubt sich am Meer in einer abgelegen Bucht mit Strandgut. Die Künstlerin thematisiert mit dieser Installation in einer sehr poetischen Art und Weise die lange und blutige Geschichte des Salzhandels. Die Geschichte von Ernährung, Reichtum und Ausbeutung und des damit verbundenen Kulturtransfers der durch Salz vermögend gewordenen Gesellschaften.

Diese sehr sehenswerte Installation illustriert aufschlussreich Boghiguians Anliegen. Es sind die komplexen globalen Menschen-, Kultur- und Ökonomie-Ströme, für die sich die Künstlerin interessiert.

Begründet liegt dieses künstlerische Interesse auch in ihrer Biografie. 1946 als Kind von armenischen Migranten in Heliopolis, einem Vorort von Kairo geboren, besuchte sie die Armenian Nubarian School und später das American College for Girls. Die starke amerikanische Prägung lebte sie auch mit einem Studium der Wirtschafts- und Politikwissenschaften an der American University of Kairo. Danach ging Sie für fast zehn Jahre nach Montreal. 1973 schloss sie ihr Studium der Bildenden Kunst und Musik in Kanada ab.

Boghiguian verfügt durch ihre Studien über ideale Voraussetzungen für eine differenzierte Beobachtung der Welt. In den 70ern beginnt sie zu reisen. Oftmals fuhr Sie nach Indien, wo Sie in ihren Künstlerbüchern, immer mit sozialkritischem Blick, das indische Leben einfängt. Sie setzt sich mit dem indischen Theoretiker und Nobelpreisträger Rabindranath Tagore auseinander, der eine Analyse des Kolonialismus verfasste. In der Ausstellung existiert ein kleines Bild, mit Wasserfarben gemalt, mit dem Titel „Indian Trains“, in dem die Betrachter durch ein Zugfenster auf die Insassen blicken. In Rot-Orange-Tönen gehalten, ist es ein Synonym für die Bedrängnis der indischen Bevölkerung.
In den allzeit überfüllten Zügen kristallisieren sich für Boghiguian gesellschaftliche Phänomene wie es auch Mahatma Gandhi in seinen Schriften thematisierte.

Auf ihren Reisen etablierte sich das Künstlerbuch für Boghiguian als unmittelbare und praktikable Ausdrucksform. Allmählich fächerte es sich auf und es entstehen Leporellos und schließlich wurden Figuren ausgeschnitten. Beides ist im Rupertinum zu sehen. Damit kommt ein theatralisches Element in Boghiguians Arbeit. Als Beispiel ist hier die „Promenade dans l´inconscient“ von 2016 zu nennen, die sich mit der antiken Geschichte von Nimes in Frankreich seit der Antike beschäftigt.

Über weite Strecken ist es der hellenistische Raum, der Boghiguian immer wieder faszinierte. So schreibt Sie über das antike Alexandrien, über den griechischstämmigen Dichter Constantine Cavafy (1863-1933), dem sie über 300 Arbeiten auf Papier widmete. Es ist das Erbe der Römer und der Griechen, der Armenier, der Kopten, die auf das arabische Leben treffen, das Boghiguian interessiert.

Das Rupertinum bietet mit dieser Werkschau einen Einblick in das Werk einer Künstlerin mit Weltgeltung. Gemeinsam mit Marisa Merz im Museum Mönchberg rücken damit ältere Künstlerinnen in den Fokus, die ihr ganzes Leben erfolgreich an einem Gesamtkunstwerk gearbeitet haben. Ein starkes weibliches Statement nicht nur für die Festspielzeit.

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Anna Boghiguian
26.07 - 11.11.2018

Museum der Moderne Salzburg Rupertinum
5010 Salzburg, Wiener Philharmonikergasse 9
Tel: +43 662 84 22 20.451, Fax: +43 662 84 22 20.750
Email: info@museumdermoderne.at
http://www.museumdermoderne.at/
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Mi 10-20h


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