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Christopher Williams - Normative Models: Klare Rahmenbedingungen

Christopher Williams’ Ausstellung „Normative Models“ stellt konkrete Regeln des Ausstellens im Innenraum vor. Dabei besticht die kleine, aber konzentrierte Show durch ihre vielschichtige Präzision.

Eine Ausstellung beginnt oft mit dem Werbebanner, das an der Fassade eines Ausstellungshauses hängt. Das gilt auch für Christopher Williams Show jetzt in der Kestner Gesellschaft Hannover. Der Titel „Normative Models“ steht da, die Laufzeit, der Name der Institution und „Exhibition No. 547 – der Name des Künstlers aber fehlt. Mit dieser ästhetischen Setzung betont Christopher Williams die Rahmenbedingungen (s)einer Ausstellung, dabei nicht zuletzt die (Aneinander)Reihung, in der diese steht. Und er relativiert auf diesem Banner die Bedeutung des Künstlersubjekts signifikant. Genau diese Momente sind es dann, die der US-Amerikaner auch in seiner gewissermaßen modellhaften Präsentation im Inneren des Hauses auf verschiedene Art und Weise intelligent durchexerziert.

In der unteren Etage der Kestner Gesellschaft sind nichts als Stellwände aufgestellt. Wichtig schon einmal: der Plural. Zudem verändern die Stellwände dank ihrer Alleinstellung ihren Charakter, sind jetzt nämlich nicht mehr Display, sondern selbst Kunstwerke. Bei einer der Stellwände handelt es sich um eine, die Christopher Williams 2009 zusammen mit Mathias Poledna – auch hier gibt es also kein einzelnes Künstlersubjekt – für eine Ausstellung im Kunstverein Bonn benutzt hat. Kuratiert wurde diese Ausstellung übrigens von Christina Végh, die jetzt Direktorin der Kestner Gesellschaft ist. Die anderen Stellwände wurden möglichst getreu nachgebaut, die Reihung tritt hier gewissermaßen als skulpturales Reenactment auf. Noch die Arbeitsspuren auf den Wänden wurden auf den Kopien detailliert nachgestellt, werden gleichsam zu einer lapidaren, doch nicht unpoetischen Form von Malerei. So erscheinen, wie gesagt, die Stellwände als Kunst, als eine Kunst vor allem, die in der Tradition der Institutionskritik auf eine wichtige Rahmenbedingung von Ausstellungen hinweist, auf die des Hängens nämlich.

In der oberen Etage dann warten 7 weitere Ausstellungswände, nun hängt an jeder je eine Fotoarbeit von Williams. Die Wände werden hier also wieder zu Displays. Bei diesen Fotos handelt es sich um die für den Künstler typische Bilder, d. h. um auf dem ersten Blick steril anmutende Hochglanzfotos aus dem Alltag der Werbeweltbilder. Auf dem zweiten Blick aber irritieren die von Williams exakt nachgestellten Fotos, die sich zeitlich und ästhetisch anreihen an bestehende Aufnahmen und somit die Autorenschaft eines Künstlersubjekts relativieren und stattdessen ihren Kontext betonen. Dennoch weisen die Aufnahmen, z. B.von einem „knackigen“ Apfel, einem „süßen“ Kind oder „blitzblanken“ Kochtöpfen, kleine Differenzen auf. So stimmt z. B. die Größe der Bilder meistens nicht mit der des „Originals“ überein. Das Foto „Untitled (Study in Gray)“, 2013, macht den größten Unterschied: Ein zerbeulter Citroen DS ist da zu sehen, der trotz seines Schaden in edler Werbeästhetik fotografiert ist und recht elegant daherkommt. Die Beule nämlich hat der Künstler perfekt neu lackiert – ohne, wie eigentlich üblich, den hässlichen Schaden zuvor auszubeulen. Die Rahmenbedingungen dieser Aufnahme stimmen also nur scheinbar, unter der glänzenden Oberfläche lauert das Unbehagen.

Mehr Texte von Raimar Stange

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Christopher Williams - Normative Models
05.05 - 29.07.2018

Kestner Gesellschaft
30159 Hannover, Goseriede 11
Tel: +49 511 70120 10
Email: kestner@kestnergesellschaft.de
https://kestnergesellschaft.de
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 10-20 h


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