Werbung
,

Benjamin Nachtigall - Smart Beings: Wenn der Nachtigall singt

Oder wie man überzeugend mit alten Techniken neue Phänomene behandelt.

To tweet oder twittern, wie es auf Neudeutsch heisst ist nicht nur einen kurzen Text über einen Nachrichtendienst verbreiten, sondern in der ursprünglichen englischen Bedeutung auch tatsächlich singen oder zwitschern. Diese Tatsache passt nicht nur des Wortspiels wegen, sondern auch wegen der evidenten Naturbezogenheit der gezeigten Arbeiten sehr schön ins Gesamtbild der Schau.

Hier wird sehr charmant mit dem scheinbaren Widerspruch zwischen Natur (es gibt wohl kaum ein natürlicheres Material als den hier mutmaßlich verwendeten Ton, der ja im wesentlichen eine Form von Erde ist) und Technik gespielt, indem humanoide Figuren nicht nur aus ihrer Umgebung herauszuwachsen scheinen, sondern auch Pflanzenteile und Früchte statt Köpfen tragen. Diese einfachen aber sehr effektvollen Figuren sind allesamt völlig versunken mit ihren Mobiltelefonen oder sonstigen Smart-Devices beschäftigt.

So entstehen architektonische Strukturen, die von diesen kleinen “Smart Beings” bevölkert sind und gleichzeitig keinerlei Interaktion zwischen ihnen erkennen lassen. Wobei zu der starken Wirkung dieser Objekte nicht unwesentlich die in den Galerieraum erweiterte Gittergerüst-Struktur beiträgt, welche einige der kleineren Objekte zu zitieren scheint und auch als Sitz oder Liege für die bereits erwähnten Figuren dient. Sehr sympathisch an dieser kritischen Auseinandersetzung mit unserer digitalen Welt ist, dass die Figuren sehr verletzlich und im besten Sinn menschlich wirken trotz oder vielleicht sogar wegen ihrer Gemüseköpfe, da diese Identifikation leichter ermöglichen als individuelle Gesichter.

Dass man nicht auf ein paar scheinbar obligatorische Bilder (hier in Form von für sich betrachtet durchaus spannenden Zeichnungen) verzichten wollte, ist vielleicht der einzige Wermutstropfen dieses sehr gelungenen Debüts des 1988 geborenen Künstlers.

Mehr Texte von Wolfgang Pichler

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Benjamin Nachtigall - Smart Beings
23.03 - 19.04.2018

Startgalerie im MUSA
1010 Wien, Felderstraße 6-8, neben dem Rathaus
Tel: +43 1 4000 8400, Fax: +43 1 4000-99-8400
Email: musa@musa.at
http://www.musa.at
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 11-18, Do 11-20, Sa 11-16 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: