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Anna Jermolaewa - Recurrence: Im Loop der Geschichte

Mit ihrer aktuellen Ausstellung Recurrence und einer neuen Galerierepräsentanz bietet Anna Jermolaewa einen Retrospektiven-artig angelegten Überblick über ihr künstlerisches Schaffen, das sich unterschiedlichster Medien bedient und die Präsenz des Körpers im öffentlichen Raum auslotet.

Den Beginn macht ein Video, in dem die Künstlerin als Aktmodell im Zeichensaal der Wiener Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz fungiert, kurz bevor das Gebäude für einen längeren Umbau geschlossen wurde. Jermolaewa knüpft hier nicht nur an ihre eigene Studienerfahrung an diesem Ort an, sondern an ihre Praxis des Zeichnens von Körperstudien im Allgemeinen, die bereits während ihrer Schulzeit 1984 im damaligen Leningrad begann. Eine Auswahl jener Zeichnungen aus einer Zeitspanne bis 2002 ergänzt das Video im Raum und verweist auf die Absurditäten persönlicher Geschichte, während der die Künstlerin vier Mal bei Aufnahmeprüfungen mit diesen Arbeiten abgelehnt wurde. Dem Umstand, dass ihre Mutter sämtliche Zeichnungen aufbewahrte, verdankte Jermolaewa jedoch, dass sie diese bei den Aufnahmeprüfungen einreichen und nun einen Teil davon der künstlerischen Auseinandersetzung durch BesucherInnen zuführen konnte. Letztere wird durch die Ästhetik des eigenen Körpers im Video verstärkt, das auf physische Momente der Verwundbarkeit verweist, angezeigt durch eine große Bauchnarbe nach einer Operation, als der Künstlerin krankheitsbedingt Körpergewebe zum Wiederaufbau einer Brust entnommen wurde und sich folglich die Objekt-Subjekt Rolle veränderte.  

Der zweite Raum zeigt perfekt arrangierte Bouquets unterschiedlicher Blumenarten auf verschiedenen Stühlen bzw. Möbeln, die auf die Blumenbezeichnungen unblutiger Revolutionen verweisen, etwa die Nelkenrevolution 1974 in Portugal, die orangene 2004 in der Ukraine, die Tulpenrevolution 2005 in Kirgisistan, die Lotus-Revolution 2011 in Ägypten etc. Diese Arbeit hatte ihre Premiere anlässlich des 100-jährigen Gedenkens an die Oktoberrevolution 2017 in Jermolaewas Geburtsstadt St. Petersburg.

Ein weiteres Video, aufgenommen im Jahr 2008 auf der Promenade des Anglais in Nizza, fokussiert auf eine Menschenmenge im Freudentaumel, was für Jermolaewa als Zeichen der Ausgelassenheit in vielen europäischen Städten gilt, mit Ausnahme, dass genau an dieser Stelle 2016 ein LKW 80 Menschen in den Tod riss und andere Tourismus-geprägte Orte in Europa ähnlichen Gefahren ausgesetzt sind. Ein Foto eines Posters von Catherine Deneuve aufgenommen am selben Tag 2008 sowie Malereien auf Nizza bezogen ergänzen die Schau. Mit einer gekonnten Balance aus Präsenz und Absenz verweist Jermolaewa dadurch auf aktive und passive Formen des Widerstandes und jenen Kreislauf, in dem diese auf einer bildkünstlerischen Ebene verhandelt werden.

Mehr Texte von Walter Seidl

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Anna Jermolaewa - Recurrence
02 - 31.03.2018

Zeller van Almsick
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