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Art Rotterdam: Vierstellig, praktisch, gut

Mit 3.000 Euro kann man in Holland noch richtig etwas anfangen, zumindest bei der Kunst. Denn die Art Rotterdam bedient genau dieses Segment. Die guten alten Zeiten, als das Arzt-, Anwalts- oder Lehrerehepaar einmal im Jahr auf die Kunstmesse ging, um sich ein Kunstwerk zu gönnen, sind hier noch nicht vorbei.

Da geht es dann nicht um Millionenwerte und Preiskurven, sondern um die Niederungen des Kunstmarkts, in denen man sich mit den Kunden noch über Inhalte unterhalten muss. Mancher Galerist soll das ja sogar ganz gerne machen. Und siehe da: Fast alle Aussteller haben auch Positionen im niedrigen vierstelligen Bereich.

In Rotterdam kostet der Stand auch nicht den Preis eines Kleinwagens oder gar einer Geländewagenattrappe. Die Kojenmiete beträgt maximal 7.000 Euro, und durch eine Partnerschaft mit der Hotelkette Citizen M sind die Übernachtungen für die Aussteller inklusive. Weitere Hilfe kommt vom Staat. Das Kunstkoop-Programm des staatlichen Mondriaan Fonds vergibt bis zu 7.500 Euro zinslose Darlehen für den Erwerb von Arbeiten lebender Künstler bei einer der über 150 niederländischen Galerien, die an dem Programm teilnehmen. Mit Monatsraten ab 22,50 Euro ist man dabei.

Der gesteckte Preisrahmen bestimmt das Angebot. International etablierte Künstler sind weniger vertreten, die dazugehörigen Galerien ebenso. Das Angebot ist tendenziell jung und regional. Während andere Messen sich darum reißen, die etablierten Namen zu akquirieren, gehen die Holländer den entgegen gesetzten Weg und vermeiden diese. Direktor und Eigentümer Fons Hof versucht gar nicht erst, oben mitzuspielen, sondern fokussiert sich auf einen Bereich, den ihm die Großen wegen vermeintlich zu geringer Masse nicht streitig machen.

Gleichzeitig präsentiert der Mondriaan Fonds in einer angeschlossenen Halle sämtliche Künstler, die im abgelaufenen Jahr von ihm gefördert worden sind. Nicht zuletzt das macht die Messe zum Pflichttermin für alle Kuratoren der Region. Das ist dann allerdings fast schon ein bisschen viel jung und regional. Von den 108 Galerien mit eigenem Stand stammt gut die Hälfte aus den Niederlanden. An dieser Stelle hätte etwas weniger durchaus mehr sein können. Andererseits muss die Messe einen Heimatmarkt bedienen, und der ist nicht besonders groß. 50 international wettbewerbsfähige Galerien für junge zeitgenössische Kunst im unteren Preisniveau wären kaum einfacher aufzutreiben. 17 Aussteller sind aus Deutschland dabei, immerhin drei aus der Schweiz, aus Österreich lediglich eine. Unttld aus Wien zeigt in der Sektion "New Art" die hintergründigen Installationen und Objekte von Sofia Goscinski, während Nici Jost bei Balzer Projects aus Basel in der Kojengestaltung praktisch vorführt, wie die Farbe Pink Klaustrophobie und psychotische Zustände erzeugen kann. Ist in dieser Abteilung das Einzel Pflicht, wählen viele andere Aussteller diese Form der Präsentation freiwillig.

Vieles ist im Fluss auf der Art Rotterdam, die gerne neue Formate ausprobiert. Die "Intersections" für Off-Räume waren in Vorjahren in ehemaligen Werkstätten auf dem Gelände ehemaligen Van Nelle Fabriek, die die Art Rotterdam beherbergt, für eher symbolische Teilnahmegebühren untergebracht. Da die Räume in diesem Jahr nicht mehr zur Verfügung stehen, wurde im Innenhof ein Zelt für sie errichtet. Um dieses zu finanzieren, hat Fons Hof zusammen mit Lorenzo Benedetti, Kurator am Kunstmuseum Sankt Gallen, die Sektion "Commonities" erdacht, in der 18 Galerien zu vergünstigten Bedingungen jeweils ein oder zwei Künstler zeigen können. Fast alle Aussteller in diesem Bereich haben sich fürs Solo entschieden. Das Besondere hier ist aber weniger die Präsentation, sondern der Umstand, dass internationale Galerien überwiegen. Ein bisschen was ist also immer noch zu tun.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Rotterdam
08 - 11.02.2018

Van Nellefabriek
3044BC Rotterdam, Van Nelleweg 1
Tel: +31 10 742 02 58
Email: info@artrotterdam.com
http://www.artrotterdam.com
Öffnungszeiten: 11-19 h


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