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Photo/Politics/Austria: Denk‘ ich an Österreich…

100 Jahre, 100 Fotos – das Wiener mumok begibt sich mit Photo/Polics/Austria auf eine Zeitreise in Bildern und thematisiert damit auch die Entwicklung eines Mediums.

Bisweilen reicht ein einziges Bild, um Wissen abzurufen, Erinnerungen zu wecken, Stimmungen zu dokumentieren oder gesellschaftliche Veränderungen zu erklären. In der von Monika Faber einmal mehr wunderbar kuratierten und von Markus Schinwald nicht weniger umsichtig gestalteten Ausstellung begibt man sich auf einen interessanten wie kurzweiligen Parcours durch Österreichs Geschichte in Fotos der letzten 100 Jahre. Wie die Geschichte gezeigt hat, handelte es sich bei eben jenem Jahrhundert um das Werden und den zeitweiligen Niedergang/Auslöschung der Republik, doch das alleine liegt nicht im Fokus des Bildlehrpfades.

„Schlagbilder“ anstatt „Schlagzeilen“ ist die Devise und so kommen neben Pressefotos und Zeitungsausschnitten ebenso Plakate wie künstlerische Arbeiten zum Einsatz. Und während man die Ikonen von Madame d’Ora, Friedrich Kiesler, die Dokumentation des Stadtspaziergangs von Günter Brus, Kiki Kogelnigs „Strassenbilder Wien“ kennt oder Elfi Semotans selbstbewusste Inszenierungen des spärlich bekleideten weiblichen Körpers für Palmers immer wieder gerne sieht entdeckt man im Jahr 1960 eine hinreissende im Stern am 9.Mai abgedruckte, beinahe-„Fotoromanza“, in der Leopold Figl Nikita Chruschtschow österreichische Lebenskunst lehrt.

Wie weit die Realität mit dem Bild, das man von Österreich und der guten alten Zeit pflegt auseinanderliegen, zeigt die Gegenüberstellung von ungarischen Flüchtligen, die sich 1956 auf den Weg nach Österreich machen. Fotos aus Romy Schneiders Fotoalbum hingegen zeigen die im Jahr davor aufgenommenen Bilder aus Ernst Marischkas Sissi-Verfilmung, in der das ungarische Volk der jungen Kaiserin huldigt. Dokumentation trifft hier auf Repräsentation, anderswo Inszenierung auf Ideologisierung, einprägsam wie nachhaltig, ebenso würde man sich eine Geschichtslektion wünschen.

Engelbert Dollfuß, ab März 1933 Bundeskanzler, wusste um die Macht dieser Bilder und verstand sie ebenso einzusetzen. In Österreich war er der erste Politiker, der mit seinem eigenen Konterfei Wahlwerbung machte, seine Auftritte wurden fotografisch dokumentiert, seine Ansprachen im Radio übertragen. Die vielen Bilder zu Lebzeiten half ihm nichts. Eingebrannt allerdings hat sich Generationen von SchülerInnen das Foto des mit nacktem Oberkörper auf einem Sofa liegenden ermordeten Kanzlers.

Mehr Texte von Daniela Gregori

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Photo/Politics/Austria
12.07.2018 - 03.02.2019

mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 52 500, Fax: +43 1 52 500 13 00
Email: info@mumok.at
http://www.mumok.at
Öffnungszeiten: Täglich: 10.00–18.00 Uhr, Do: 10.00–21.00 Uhr


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