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Paul Klee: Klee in neuem Licht

Es ist schon ein deutlicher Hinweis auf die Signifikanz einer Ausstellung, wenn deren Katalogbuch auch in Buchhandlungen außerhalb der eingefahrenen Wegenetze des Kunstpublikums einen prominenten Platz findet; wenn also beispielsweise bei »a.punkt« in der Wiener Innenstadt, einem der wichtigsten Buchläden weit und breit, unter den Neuerscheinungen zu Feminismus, Kulturkritik und Sozialwissenschaft plötzlich ein gewichtiger Band über Paul Klee hervorsticht.

Dann ist mit Sicherheit damit zu rechnen, dass Betreiberin Brigitte Salanda mit ihrem jahrzehntelang geübten Blick für das Außergewöhnliche wieder einmal eine Entdeckung gemacht hat. Dass die Paul Klee Schau in Basel derart weite Kreise zieht, verwundert schon etwas weniger, handelt es sich doch um eines der Hauptprojekte im Rahmen 20-Jahr-Feier der Fondation Beyeler. Klee gehört dort neben Pablo Picasso zu den meist vertretenen Künstlern. Als Sammler und Galerist galt der Begründer der Institution, Ernst Beyeler, als ausgewiesener Spezialist für den Berner Künstler. Mehr als 500 Werke Paul Klees gingen durch seine Hände, wovon er 20 für sich persönlich behalten hatte können.

So lässt sich die Herausforderung für Kuratorin Anna Szech erahnen, zu dem extrem umfangreichen Schaffen dieses an Vielfalt so reichen Vertreters der Moderne einen neuen Zugang zu finden. Bereits für eine Retrospektive im Moskauer Puschkin Museum hatte die Kunsthistorikerin russischer Herkunft begonnen, die mehr als 10 000 Arbeiten des Meisters durchzuarbeiten, der ebenso als Kubist wie als Expressionist, ebenso als Künstler aus dem Umfeld des Blauen Reiter wie als Lehrer am Bauhaus rezipiert wird.

Geradezu unverständlich wirkt es da, dass die Wahrnehmung Klees als abstrakter Künstler bisher offenbar im Hintertreffen verblieben ist, wo dies doch mehr oder weniger auf der Hand läge. Allerdings schloss sich Klee niemals den großen Manifesten seiner Zeitgenossen an, in Ausstellungen räumte man daher der Musik als Grunderfahrung oder seiner berühmten Tunesien-Reise (1914) eine ebenso große Bedeutung ein wie der Emanzipation der Farbe, schreibt Anna Szech.

Mit einer strengen Auswahl von – immer noch – 110 Werken gelang es ihr, Paul Klee in ein neues Licht zu rücken und Konzentrate seiner Arbeit an der Abstraktion zu bringen. Wie schnell man sich an Klee sonst satt gesehen hat, ob der Überfülle und Ähnlichkeit seiner Bilder, das ist hier vergessen. Es ist, als würde man immer wieder neue Fährten der Annäherung einschlagen. Weglassen und Freiraum herstellen für ausgewählte Positionen; darin lag eine der Hauptanstrengungen der Kuratorin.

Dass sie dem Buch zur Ausstellung ein ebensolches Gewicht beimaß, hat angesichts der überbordenden Menge an Klee-Bildbänden, die es auf dem Markt bereits gibt, seine Logik. Der Katalog wirkt souverän, gewichtig und dennoch unprätentiös. Damit das gelblich strahlende Werk »Zeichen in Gelb« (1937) als Titelmotiv adäquat zur Geltung kommt, ist lediglich der breite, grobe Leinenrücken bedruckt worden. Starkes Papier, matt glänzend im Inneren. Die Werke präzise gesetzt, farbige Trennblätter, so als hätten Kuratorin, grafische Gestalter und Autoren hier noch eine zweite Ausstellung komponiert.

Doch wer sind die Autoren? Nicht die üblichen usual suspects jedenfalls. Aber auch keine Unbekannten. In ellipsenhaften Formulierungen nähert sich Jenny Holzer dem Zeichenhaften in Paul Klees Œuvre als visionäre, visuelle Schrift an, während Architekt Peter Zumthor versucht, das Tektonische zahlreicher Motive herauszuarbeiten. Sogar vielbeschäftigte griechische, aber eigentlich aus Russland bekannte Dirigent Teodor Currentzis lieferte einen Beitrag: über die Entfaltung des Musikalischen in den Bildern Klees. Natürlich wird das zentrale Thema der Ausstellung, die Abstraktion, in zwei ausführlichen Texten zum Paradigmenwechsel in der frühen Moderne (von Regine Prange und der Kuratorin selbst) ebenfalls durchgearbeitet. Nicht eines, sondern zwei in jeder Hinsicht hervorstechende Projekte zu einem Künstler also, dessen Werk einem sonst mitunter allzu selbstverständlich erscheint.

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Katalogbuch:
Paul Klee – Die abstrakte Dimension Herausgegeben von Anna Szech für die Fondation Beyeler
Mit Beiträgen von Teodor Currentzis, Fabienne Eggelhöfer, Jenny Holzer, Regine Prange, Anna Szech und Peter Zumthor.

Mehr Texte von Roland Schöny

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Paul Klee
01.10.2017 - 21.01.2018

Fondation Beyeler
4125 Riehen / Basel, Baselstrasse 101
Tel: +41 - (0)61 - 645 97 00, Fax: +41 - (0)61 - 645 97 19
Email: fondation@beyeler.com
http://www.beyeler.com
Öffnungszeiten: Mo-So 10-18, Mi 10-200 h


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